Über den Oberstollen

Der Oberstollen findet sich in der östlich an jene des Wolfgangstollen anschließenden „Reihe“, wobei hangabwärts der Unterstollen (Station 8) und die Magdalenagrube folgen.

Bergauf treffen wir auf die wichtige Grube Ottilia, dann auf die Grube Altes Kreuz sowie noch höher droben den Eisstollen.

Der Oberstollen findet sich in der Literatur eher selten erwähnt, auch wenn er zu den „tieferen Bauen“ gehört, die durchwegs bedeutend waren und nicht im anstehenden Schwazer Dolomit sondern tiefer drunten angeschlagen wurden.

Somit auf zum Teil bedeutender Länge durch den Hangschutt, Halden oberhalb betriebener Stollen, Ablagerungen der Eiszeiten sowie die unvererzten Gesteine des Alpinen Buntsandsteins getrieben werden mussten, um auf das vererzte Dolomitgestein zu treffen.

Der Oberstollen erreichte nach 540 Metern den Schwazer Dolomit und baute gute Vererzungen nur im Kienbergrevier unterhalb des Eiblschrofen. So etwa in der Sechsschichterzech(e) und der Keilwanderzech(e); nicht aber im Schachtrevier im Westen sowie gegen Osten, weshalb sein Streckennetz nicht allzu lang ist.  Im Schachtrevier stehen hier taube Schiefer an.

Im östlich angrenzenden Krummörterrevier erfolgte die Abbautätigkeit über den etwas tiefer liegenden Nikolausstollen.

Geschichtliches

Der Oberstollen liegt auf 670 m ü.A. und somit etwa 140 Meter über dem Inntalboden. Die höchsten Gruben liegen am Eiblschrofen auf 1200 m ü.A., am Mehrerkopf (1666 m) auf etwa 1540 m ü.A. Hier und im unterhalb liegenden Geschröfe, wo der Schwazer Dolomit an der Oberfläche zu sehen war, ist auch die Wiege der spätmittelalterlichen Abbauphase zu suchen: Die Erze bzw. ihre auffallenden grünen und blauen Oxidationsminerale machten es den damaligen Erzsuchern – den Walen oder Venedigern – leicht, Erze aufzuspüren und mit dem Bergbau zu beginnen, was aktenmäßig natürlich nicht belegt ist, aber etwa mit dem Jahr 1400 anzunehmen ist. Denn erst etwa 15 Jahre zuvor wurde die Technologie entwickelt, aus den Fahlerzen das Silber zu extrahieren – und einzig um das Silber ist es damals gegangen!

Zudem hatten diese Erzsucher einen besonderen Vorteil: Dass die Abbaue aus der urgeschichtlichen Abbauperiode noch gut kenntlich waren.

Die Sage vom Koglmooser Stier 

Jeder Bergbau, der etwas auf sich hält, hat eine „Auffindungssage; Schwaz hat natürlich deren mehrere.

Die bekannteste ist jene vom Koglmooser Stier, der auf den Weiden am Koglmoos unterhalb des gleichnamigen Gasthofs mit anderem Vieh weidete. Die Magd Gertrud (oder Margarethe) Kandlerin beaufsichtigte die Tiere. Ein wild gewordener Stier riss mit Hörnern und Hufen die Wiesennarbe auf – zum Vorschein kamen dunkle, schwere, glitzernde Steine. Die Magd sammelte ein paar in ihrem Schurz und rannte hinunter zum Hof wo der Bauer in der Stube saß und mit dem Eintreten der Magd in einer Ferndiagnose feststellte: „Toll, des is ja silberhaltiges Fahlerz“ – eine reife Leistung!

Die echte Sage aber besagt, dass der Bauer die Magd anfuhr: „Fahr ab mit de Stoana!“. In diesem Moment kam der Knecht vom Stall herein und klärte den Bauer auf, denn er stamme aus dem Raum Trient, wo solche Steine auch vorkommen und diese Silber enthalten. Eine weitaus glaubwürdigere Variante.

Allerdings: Das soll sich anno 1409 zugetragen haben – also eine datierte(!) Sage? Die Koglmooser Wiesen liegen im Gemeindegebiet der östlichen Nachbargemeinde Gallzein, die ja diesen Stier auch

im Gemeindewappen hat. Aus geologischer Sicht ist anzumerken: Im Umkreis von mindestens 200 Metern gibt es hier keine Fahlerze. Für den Autor lässt sich aus der Sage das Vorhandensein einer früheren Bergbauphase ableiten ……

Geologie

Der Schwazer Dolomit ist Teil der Gesteinsserie der Nördlichen Grauwackenzone, deren tieferer (älterer) Teil aus den Unteren Wildschönauer Schiefern besteht. Innerhalb dieser treten mehrfach Diabase (dunkle vulkanogene Gesteine, basaltisch) auf, die im Raum Schwaz aber unvererzt sind.

In ihrem höheren Abschnitt treffen wir auf Porphyroide, also ehemalige Quarzporphyre (ähnlich dem später weiter südlich entstandenen, bekannten Bozner Quarzporphyr), die durch die Gebirgsbildung „verschiefert“ wurden und hier südlich an den Schwazer Dolomit anschließen.

Sie bauen etwa den Durra (= Durraujoch, 1.738 m), weiter östlich, auf. Er wurde früher einheitlich als der „Südliche Schiefer“ bezeichnet.

Wie oben erwähnt, finden sich also nach der Gegenseite hin, dem Schwazer Dolomit gegen den Talboden hinunter, noch andere Gesteine vorgelagert.

Wichtig sind dabei:

Das Abtragungsprodukt des Schwazer Dolomit, die Dolomit-Basal-Breccie, von den Bergleuten liebevoll als „Schwazer Presswurst“ bezeichnet. Ein schöner, bunter Dekorstein.

Der Alpine Buntsandstein (er wird bereits zu den Nördlichen Kalkalpen gerechnet), der ein „versteinertes“, großes Flussdelta darstellt.

Auf diesen Festgesteinen folgen in unterschiedlich mächtiger Überlagerung eiszeitliche und zwischeneiszeitliche Ablagerungen: Grundmoränen, Schotter, Sande, Breccien und Seetone.

Zuoberst kommt noch all das dazu, was hier in den vergangenen 16.000 Jahren „abgelagert“ wurde – bis zum April 2019.

Zum Beispiel die Bergbauhalden und die beiden Schutzdämme (Stationen 4 und 5).  

Die Festgesteine wurden im Rahmen der Alpinen Gebirgsbildung durchbewegt, zerschert und rotiert, sodass die ehemalige horizontale Lage des Meeresbodens bzw. der Erdoberfläche nun unterschiedlich steil geneigt vorliegt, hier sogar überkippt – also um mehr als 90° gedreht – beobachtet werden kann  (vergleiche geologisches Profil durch den Falkenstein).

Truhenläufer – Schwazer Bergbuch 1554 (Bochum, 2006)
Geologisches Profil durch den Falkenstein – von 1849