10. Juli 1999: Ein Tag wie jeder andere?

Mitnichten – um 14:43 ging aus der Westwand des Eiblschrofen ein großer Felssturz nieder.

Gut 100.000 Tonnen  Gestein donnerten teilweise talwärts und weitere, allerdings kleinere  Abbrüche, folgten.

Ausgerechnet im Jahr, in welchem Schwaz den 100. Jahrestag der Stadterhebung feierte, schickte der Eiblschrofen diese unliebsamen Grüße ins Tal. Da sich die Ausläufer der größten Felsstürze bis 300 Meter an das Siedlungsgebiet schoben und weitere Abbrüche (die sich dann auch ereigneten) den Ortsteil Ried bedrohten, wurde dieser noch in der Nacht evakuiert.

286 SchwazerInnen mussten ihre Wohnungen räumen, das Gebiet wurde weiträumig gesperrt und die darin befindlichen Betriebe mit Arbeitssperre belegt.

Die Montanwerke haben den Abbaubetrieb aus Sicherheitsgründen bereits einige Tage zuvor eingestellt und haben seit dem 13. Juli 1999 keine Genehmigung, diesen wieder aufzunehmen.

Somit ist nun die dritte Abbauphase des Schwazer Bergbaus, eingeleitet vom Schwazer Bergwerkverein im Jahre 1856, zu Ende gegangen.

In der Rekordzeit von 2 ½ Monaten sind noch im Sommer 1999 von der Wildbach- und Lawinenverbauung zwei Schutzdämme – 15 m bzw. 25 m hoch, sowie 120 m bzw. 205 m lang – geschüttet worden.

Zum Vergleich: Würde man einen Zug mit dem Schüttmaterial der beiden Dämme beladen, hätte dieser Zug eine Länge von 300 km.

Als weitere Schutzmaßnahme wurde am Zintberg ein Steinschlagschutznetz aufgezogen.

Bereits am 3. November 1999 (nach 116 Tagen) konnten die letzten der Evakuierten in ihre Wohnungen bzw. Häuser zurückkehren.

Der Eiblschrofen wurde in der Folgezeit fortlaufend elektronisch und vermessungstechnisch kontrolliert, zum damals bestüberwachten „Berg“ Europas. Die seismische Überwachung wie auch sporadische Kontrollbegehungen sind von all dem noch übriggeblieben.

Zum Glück ist ein Großereignis ausgeblieben und die Änderungen der Stabilitätsverhältnisse im Eiblschrofen haben zu zahlreichen, aber nicht so gefährlichen Abbrüchen geführt.

Aus geologischer Sicht waren für diese Ereignisse zwei Gründe verantwortlich:

Einerseits führte die überdurchschnittlich rasche und starke Schneeschmelze des Frühjahrs 1999 zu einer Erhöhung des Bergwasserspiegels bergseitig des Eiblschrofens und damit zu einer Beschleunigung der normalerweise sehr langsam kriechenden Talflanke oberhalb, wodurch von hinten ein erhöhter Druck auf den Eiblschrofen entstanden ist.

In der Folge hat der Berg an der „schwächsten Stelle“ nachgegeben, sodass es zu einem Zusammenbrechen zumindest eines Teiles des Dolomitgesteinsabbau II – wahrscheinlich in Verbindung mit Nachbrüchen in den alten Abbauen der „Flachen Zechen“ – gekommen ist.

Dadurch kam es zu Setzungsvorgängen am Fuße der Felswand. Diese hat somit ihre an sich schon sehr geringe Stabilität eingebüßt.

Bereits am 2. Mai 1993 war auf der westlichen Schulter des Eiblschrofen – dort wo man rechts der Felswand keinen Hochwald sieht – ein fast zwei Hektar großes Waldstück bis zu 30 Meter tief eingebrochen (Pinge).

Aufgrund des Kollabierens des Großteils des darunter gelegenen Dolomitgesteinsabbau I kam es zum Durchbrechen bis an die Oberfläche und damit zu diesem Pingenfall.

Das Schaubergwerk liegt weiter westlich und war somit von diesen Ereignissen nicht betroffen.

Pingenfall am Zintberg – 2. Mai 1993
Schüttung des Johannesdammes – Sommer 1999